79
Den Meister will ich loben treu,
des Deutschen Reiches Schmied,
die Schmiedgesellen auch dabei
als Dank in Spruch und Lied.
Die Liebe leihet Zauberkraft
aus dunkler Nacht das Licht sie schasst!
Die Lieb' zum Vaterlande
halt' uns in ew'ger Haft! E. Echwetschke.
5b. Erinnerung an 1870/71.
Als Kaiser Wilhelm I. nach dem Kriege 1870/71 für einige Wochen
zur Erholung nach den Strapazen des Feldzuges in Wiesbaden seinen
Aufenthalt nahm, gelangte an dem Abend, an dem er zum ersten Male
das Theater besuchte, Lortzings „Waffenschmied" zur Aufführung. Gustav
Siehr, der die Titelrolle sang, fügte dem bekannten Liede des Waffen-
schmiedes zwei von einem Freunde verfaßte Strophen bei, deren erste
folgendermaßen lautete:
„Nicht nur, daß ich Waffen geschmiedet mit Fleiß,
ich wußt' auch zu führen mein Schwert.
Der Tage gedenk' ich noch gerne als Greis,
da die Hand sich zum Kriege bewehrt.
Wie kämpften wir mutig da Mann an Mann,
und ein Heldenkaiser zog uns voran
hinaus in den heiligen Streit,
das war eine köstliche Zeit!"
Schon diese Strophe wurde von dem Publikum, das alle Räume
des Haitses füllte, mit jubelnder Zustimmung aufgenommen; als dann
aber die zweite Strophe in die Verse ausklang:
„Heil unserm Kaiser, dem Sieger im Feld,
der Deutschland geeint und befreit:
Das war eine köstliche Zeit!"
hörte man die letzten Worte trotz der mächtigen Stimme des Sängers
nicht mehr: ein Sturm von Begeisterung ging durch das Haus, man
sprang von den Sitzen empor, die Damen wehten mit ihren Taschen-
tüchern und Schleiern nach der kaiserlichen Loge hin und von allen
Lippen kam der Ruf: „Heil unserm Kaiser!" Dem Kaiser, der fort-
während nach allen Seiten hin dankte, traten die Tränen in die Augen
und er konnte nur immer die Worte wiederholen: „Das ist zu viel!
Das ist zu viel!" Am anderen Tage ließ der Monarch, der diesen
Abend wohl zu den schönsten seines reichen Lebens rechnete, deni Sänger
seinen Tank anssprechen. Monatsschrift für deutsche Beamte. 1896.
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TM Hauptwörter (100): [T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T35: [Dichter Zeit Gedicht Lied Dichtung Schiller Poesie Werk Goethe Sprache]]
TM Hauptwörter (200): [T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T151: [König Volk Kaiser Reich Fürst Land Gott Wilhelm Deutschland Frieden], T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T82: [Musik Stadt Hof Zeit Theater Fest Leben Leute Herr Art]]
Extrahierte Personennamen: Wilhelm_I. Gustav
Siehr Gustav
126
Knaben. — sagte jemand hinter uns. — wir drehten uns um, es
war eiu Greis, der im Knopfloch das himmelblaue Bändchen des
Krimfeldzuges trug: ein pensionierter Offizier. — Brav, sagte er,
— ihr habt euch wacker benommen. — Indessen bog die Negiments-
musik am Gnde des pllatzes um die Tcke, umgeben von einem Schwarm
Knaben und ihr fröhliches jauchzen begleitete wie eiu Kriegsgefaug
den Klang der Trommeln. — Brav, — wiederholte der alte Offizier,
indem er uns betrachtete; — wer die Lahne von klein an achtet,
wird sie, wenn er groß geworden, auch zu verteidigen wissen.
Amicis, Herz, Ein Buch für die Jugend, Basel 1894.
Viii.
3m Manöver.
Krieg im Frieden.
1. Was in winterlicher Stille, in der Reitbahn und im Exerzier-
schuppen in eiserner Pflichterfüllung anerzogen, im Frühjahr und Sommer
auf den großen Plätzen fortgesetzt ist, wo immer größere Menschenmassen
von einem Gedanken, einem Winke geleitet werden, wie eine immer
größer anschwellende Lawine — jetzt soll es seine Früchte tragen, wie
die Bäume da draußen, an denen wir vorbeistreifen, und die Felder,
auf denen wir lagern werden. Und die Lawine wird immer weiter
rollen; von Woche zu Woche werden die Truppenmassen, die einem
Willen gehorchen lernten, anwachsen, werden alte Schranken zerbrochen,
alte Hindernisse übersprungen und höhere, vielseitigere werden an ihren
Platz treten, bis die ganze Ernte eingetragen ist und der Winter seine
schützenden Hüllen von neuem ausbreitet.
Unruhiges Leben herrscht auf den Straßen. Schwere Geschütze
rasseln dröhnend über das Pflaster der Dorfgassen, von Hunden um-
blafft; am Wegrain stehen die Schulkinder mit ihren Büchern und
Tafeln und lugen aus braunen Gesichtern neugierig zu, während zischende,
langhälsige Gänse den vorbeiziehenden Infanteriekolonnen durch den
Staub nachlaufen, um den Marschierenden in die Stiefelhosen zu beißen.
Überall ein Blinken und Blitzen von Pickelhauben im Morgennebel,
ein Klappern von Kochgeschirren und Klirren von Waffen. Kleine
Reitertrupps fegen in lustigem Morgengalopp über den Sommerweg
neben der Straße, wo kein Staub anfwölkt. Oft auch verirrt sich der
Huf absichtlich vom grasigen Wegrain und versinkt in den taufrischen
Wiesenstreifen neben der Straße. Dann wieder geht es im Schritt auf
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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129
hervorbrechend. Man sieht beide Reitermassen plötzlich stutzen und wie
Magnete einander anziehen, während das Fußvolk Zeit hat, sich zu
bajonettstarrenden Vierecken zusammenzurotten. Die Reiter schwenken
plötzlich staffelartig ab — ein Trompetensignal hallt nach — schwenken
wieder ein, ziehen sich fächerartig auseinander und suchen einander die
Flanke abzugewinnen. Hindernisse brechen die Fronten; tiefer Boden
hält ganze Züge wie ans Leimruten zurück; über Hindernisse branden
die Linien gleichmäßig hinfort, wie anrollende Meereswellen, nur einzelne
stürzende Pferde zurücklassend. Wie weißlicher Gischt kräuseln sich die
flatternden Lanzenflaggen; einzelne Reiter jagen weit vor die Fronten
mit aufblitzenden Säbeln, an deren Spitze alle Blicke hängen. Der
Sprung wird länger; Signale schmettern, und Reihe auf Reihe stürzt
aufeinander los, um sich alsbald zu verworrenem Knäuel aufzulösen.
Der Feind muß zurück. Er hat seine Bewegungen im Feuer der
gegnerischen Infanterie machen müssen, derselben, die unsere Reiter gedeckt
hat. Verfolgungs- und Rückzugssignale — ein großes Feld von jagenden
Reitern und wieder zusammengezogenen Trupps.
Der Blick wendet sich unwillkürlich nach dem linken Fliigel. Dort
steht es weit schlimmer. Der Feind ist aus seinem Wespennest auf-
gescheucht und selbst zum Osfensivstoß vorgegangen. Er hat unser Fuß-
volk in die Wiesen im Grunde zurückgeworfen; die eigene dezimierte
Artillerie hat ihm kein Halt gebieten können. Langsam fluten die Schwärme
die vergebens erklommenen Hänge wieder hinab; die Geschütze traben
kleinlaut zurück, und die starke, am linken Flügel in Reserve gehaltene
Kavallerie muß sich für das zurückweichende Fußvolk aufopfern. Aus
den langen Schützenlinien fädeln sich schwarze Kolonnen ein, die teils
wieder Front machen müssen, um den nachdrängenden Gegner abzuweisen,
und allmählich zieht sich „West" auf die hinter ihm liegenden Höhen
zurück, um sich dort zu verschanzen. So wechselt das Kriegsglück, und
der heute frohgemut zum Angriff blies, muß sich morgen in der Defen-
sive behaupten.
Wenn Tote dalägen, zertrümmerte Wagen emporstarrten und
brennende Dörfer wie riesige Siegesfackeln leuchteten, so sähe das Bild
für das Auge des Laien ganz kriegsmäßig aus. Rur der Eingeweihte
erkennt all die verschobenen Friedensbilder, die Rücksichten auf schonungs-
bedürftiges Ackerland und dergleichen mehr. Als das Signal „Das
Ganze Halt" erschallt und von beiden Seiten die Reiter zur Kritik eilen,
wie zu nachträglichem Friedensschluß, da merkt auch der Laie den
Unterschied.
Auf einer weit ins Land schauenden Anhöhe haben sich die Be-
rittenen um den Leiter der Übung geschart, der dem einen sein Todes-
urteil diktiert und den Stern auf der Brust und den Achselstücken des
anderen erglänzen läßt. Das ist wieder wie im Kriege. Dort besorgend
Llohlrabe. Deutschland von heute. Ii. 9
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TM Hauptwörter (200): [T121: [Feind Reiter Pferd Heer Mann Flucht Lager Soldat Seite Reiterei], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr]]
85
ii
der Österreicher getan, was in unserer Macht stand. Sie wurden besser
gepflegt als die nnserigen.' ... Die Königin äußerte sich: ,Jch war
von Ihrer Schrift so bewegt, daß ich sie dem Könige zu lesen gab.
Der König gab mir das Buch, nachdem er es ganz gelesen hatte, zurück
mit den Worten: Wir müssen dafür sorgen, daß das Werk zustande
kommt! Wir beide, der König und ich, haben alle Ihre Anstrengungen
mit der lebhaftesten Teilnahme verfolgt. Sie sehen also, daß ich bei
Ihrem Werk gewissermaßen Pate gestanden bin.'"
Über den nachmaligen Kaiser Friedrich bemerkt Dünant:
„Der Kronprinz, groß, aufrecht und majestätisch, wie einer der
edelsten Paladine des Mittelalters, aber voll einfacher Herzlichkeit, kam
ans mich zu, indem er der Königin mit heiterer Miene, aus welcher sein
offenherziges Wohlwollen strahlte, antwortete: ,Herr Dünant und ich
sind schon alte Bekannte,' drückte mir die Hand und hieß mich herzlich
willkommen." ...
„Der Großherzog von Weimar, ein Bruder der Königin und der
Prinzessin Karl, drückte seine ganze Teilnahme an dem internationalen
Werke aus, indem er herzlich hinzufügte: ,Jch kann Ihnen sagen, daß
Sie eine der Personen sind, deren Bekanntschaft zu machen ich am meisten
in meinem Leben gewünscht habe'. Alsdann wurde ich der Prinzessin
Friedrich Karl, sowie anderen Mitgliedern der königlichen Familie vor-
gestellt, welche die Güte hatten, mir ihr Wohlwollen zu bezeugen."
Unseres Kaisers gedenkt Dünant an der gleichen Stelle mit folgenden
Worten:
„Im April 1896, beim Besuch des deutschen Kaiserpaares in
Venedig, wo es vom König und der Königin von Italien so herzlich
empfangen wurde, wurde dem „Roten Kreuz" eine bemerkenswerte
Huldigung erwiesen. Am Sonntag, dem 12. April, ließ der junge und
edle Monarch während des an Bord der „Hohenzollern" stattfindenden
Gottesdienstes das weiße Banner des Roten Kreuzes über der deutschen
Nationalflagge am Hinteren Flaggenmast der majestätischen schneeweißen
Kaiserjacht hissen. Kaiser Wilhelm I. und die Kaiserin Augusta wären
glücklich über dieses Zeugnis gewesen, welches ihr erhabener Enkel damit
einem Werke des Friedens, der Menschlichkeit, der Nächstenliebe, des
allgemeinen Wohlwollens ansstellte, dessen Gelingen beiden so sehr am
Herzen lag. Der deutsche Kaiser zeigte damit, daß die internationale
Brüderlichkeit in der Nächstenliebe etwas Edles und für ihn etwas
Wirkliches ist: er zeigte sich wahrhaft als einen Jünger des Friedens-
sürsten." R. Müller, Die Entstehungsgeschichte des Roten Kreuzes und der Genfer Konvention.
Stuttgart 1897.
t
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T33: [Kind Vater Mutter Frau Mann Jahr Sohn Gott Haus Eltern], T45: [Zeit Mensch Leben Kunst Sprache Wissenschaft Natur Wort Geist Lehrer]]
TM Hauptwörter (100): [T38: [Friedrich Wilhelm König Kaiser Iii Prinz Jahr Preußen Vater Sohn], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T39: [Kind Vater Mutter Frau Mann Haus Jahr Eltern Sohn Knabe]]
TM Hauptwörter (200): [T61: [Wilhelm Friedrich Prinz König Luise Jahr Königin Gemahlin Prinzessin Kaiser], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T100: [Gott Herr Herz Wort Leben Hand Himmel Vater Kind Mensch], T136: [Leben Mensch Geist Natur Zeit Volk Welt Kunst Sinn Wesen], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr]]
Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Karl Karl Friedrich_Karl Friedrich Karl Wilhelm_I. Wilhelm_I. Augusta
139
Zusatz.
vor J50 Zähren.
Von der Soldatenbehandlung im zweiten Jahrzehnt der Regierung Friedrichs
des Großen zeichnet Ulrich Bracker in seiner Lebensbeschreibung das folgende Bild:
„Die erste Woche hatt' ich noch Vakanz, ging in Berlin herum auf
alle Exerzierplätze, sah, wie die Offiziere ihre Soldaten musterten und
prügelten, daß mir schon zum voraus der Angstschweiß von der Stirn troff...
Die zweite Woche mußt' ich mich fchott alle Tage auf dem Paradeplatze
stellen. Da sollt ich vor allen Dingen unter einem mürrischen Korporal
marschieren lernen. Den Kerl möcht ich vor den Tod nicht vertragen;
wenn er mich gar aus die Füße klopfte, schoß mir das Blut in den
Gipfel. . . . Bald alle Wochen hörten wir Geschichten von eingebrachten
Deserteurs. ... Da mußten wir zusehen, wie man sic durch 200 Mann,
achtmal die lange Gasse auf und ab Spießruten lausen ließ, bis sie
atemlos hinsanken — und des folgenden Tages aufs neue dran mußten;
die Kleider ihnen vom zerhackten Rücken herunter gerissen, und wieder
frisch drauf los gehauen wurde, bis Fetzen geronnenen Blutes ihnen über
die Hosen herabhingen. Dann sahen mein Landsmann und ich zitternd
einander an, und flüsterten einander in die Ohren: „Die verdammten
Barbaren". Was hiernächst auch auf dem Exerzierplatz vorging, gab uns
zu ähnlichen Betrachtungen Anlaß. Auch da war des Fluchens und
Karbatschens von prügelsüchtigen Junkerns und Hinwider des Lamentierens
der Geprügelten kein Ende. Wir selber zwar waren immer von den
ersten auf der Stelle und tummelten uns wacker. Aber es tat uns nicht
minder in der Seele weh, andere uni jeder Kleinigkeit willen so unbarm-
herzig behandelt und uns selber so kujoniert zu sehen . . . und das
alles auf Geheiß eines Offiziers, der mit einem furiosen Gesicht und auf-
gehobenen Stock vor uns stand und alle Augenblicke wie unter Kohlköpfe
dreinzuhauen drohte.
Bei einem solchen Traktament mußte auch der starknervigste Kerl
halb lahm, und der geduldigste rasend werden."
4. Lied des Reservemanns.
as blinkt so freundlich in der Ferne?
das liebe, teure Vaterhaus!
Och war Soldat und war's auch gerne,
doch jetzt ist meine Dienstzeit aus.
Drum Brüder stoßt die Gläser an,
es lebe der Reservemann,
der treu gedient hat seine Zeit,
dem sei ein Lebehoch geweiht!
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TM Hauptwörter (200): [T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T65: [König Herr Soldat Offizier Vater Prinz Friedrich Majestät General Brief], T59: [Tod Leben Volk Herz Freund Mann Wort König Tag Feind], T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T91: [Geschichte Krieg Zeit Zeitalter Mittelalter Revolution Reformation deutsch Jahrhundert Ende]]
97
Emil Hundrieser in Charlottenburg entworfen und in Kupfer ausgeführt,
das einen gewaltigen Eindruck macht. Alle Künstelei ist glücklicherweise
daran vermieden: das ist der Kaiser, wie er war und wie seine alten
Krieger ihn im Geiste noch vor Augen haben, derselbe Kaiser und Held,
der sie einst von Sieg zu Sieg führte, der, jahrhundertealte Schmach
rächend, den Erbfeind zu Boden schlug und endlich wieder die alten,
uns ehemals geraubten Lande dem neuen Deutschen Reiche zurückgab.
4. Fünf Jahre dauerte die Arbeit; am 18. Juni 1896 konnte der
stolze Bau in Gegenwart des Kaisers, der Bundesfürsten oder deren
Vertreter, im Angesicht von 30000 aus allen deutschen Gauen herbei-
geströmten Kriegern eingeweiht werden. Schon am frühen Morgen, als
noch weiße Nebelwolken den Fuß des Denkmalsberges verhüllten, herrschte
rings um den Kyffhäuser das regste Treiben. Das ganze Land war
meilenweit in einen einzigen Festplatz verwandelt. Langsam füllte sich
in den Vormittagsstunden der Platz um das Denkmal, der etwa 5000
Personen zu fassen vermag, mit den zur Feier geladenen Ehrengästen,
darunter etwa 400 Trägern von Vereinsfahnen. Dem Denkmal gegen-
über war das prachtvolle Kaiserzelt errichtet. Auf der Bergstraße bis
tief unten im Tal bildeten Tausende und Abertausende von Kriegern
Spalier. Nach 11 Uhr begann die Auffahrt der Bundesfürsten und
der mit ihnen erschienenen Fürstinnen und kurz nach 12 Uhr verkündeten
brausende Hochrufe das Nahen des kaiserlichen Wagens von der Station
Roßla her. Nach der Begrüßung des Kaisers und der Bundesfürsten
durch den Vorsitzenden des Denkmalsausschusses, General v. Spitz, gab
der Kaiser den Befehl zum Beginn der Feier. Der Schriftführer des
Denkmalsausschnsses, Prof. Dr. Westphal, hielt hierauf die Festrede,
in welcher er der patriotischen Gesinnung der Kriegerverbände, die zur
Zeit anderthalb Millionen treuer deutscher Männer vereinen, beredten
Ausdruck verlieh. Er gelobte im Namen der Kriegervereine dem Kaiser
und den Bundesfürsten unverbrüchliche Treue und schloß, indem er von
dem Denkmal auf die versammelten deutschen Krieger deutete, die Rede
mit den Worten: „Fest wie die Schrift hier oben in den Stein, ist in
ihre Herzen der Wahlspruch eingegraben: Für Kaiser und Reich!"
In kurzen aber inhaltreichen Worten gab darauf der Kaiser die
Antwort. Vor allem wies er auf die hohe edle Aufgabe des Denkmals
hin. „Den kommenden Geschlechtern soll es ein Mahnzeichen sein, einig
und treu zu bleiben in der Hingebung an Kaiser und Reich; festzuhalten
an dem, was das Vaterland groß gemacht hat; Deutschlands Ehre und
Wohlfahrt höher zu stellen als alles irdische Gut." Mit donnerndem
Hurra wurden von den Tausenden die kaiserlichen Worte aufgenommen,
von Berg zu Tal pflanzte sich der Ruf fort und klang noch aus der
weiten Ferne herüber, als Fürst Günther von Schwarzbnrg-Rudolstadt
in markigen Worten das Hoch aus den Kaiser ausbrachte.
Wohlrabe. Deutschland von heute. Ii.
7
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100
legt, da an diesem Tage in den ganzen Reichslanden Mariä Himmel-
fahrt als hoher Festtag gehalten wird, und findet bei und in der
Schlucht zwischen Gravelotte und dem Pachthof St. Hubert statt, dort,
wo für die deutschen Truppen die schwersten Stunden des Schlacht-
tages schlugen, als Infanterie, Reiterei und Artillerie in fürchterlicher
Enge zusannnengedrängt, unter dem Hagel feindlicher Geschosse, Schritt
für Schritt teuer erkaufen mußten. Metz ist an patriotische Feiern ge-
wöhnt; alljährlich wohl wird ein neues Denkmal auf dem weiten
Felde zwischen Gravelotte, St. Privat, Vionville und Mars-la-Tour
eingeweiht, in der neuesten Zeit mit mehr Geschmack in der Formen-
gebnng der im allgemeinen etwas eintönig wirkenden Monumente. Der
Tag des 15. August bildet die Hauptfeier und soll den Altdeutschen
auch das Sedanfest ersetzen; leider artet er seit einiger Zeit mehr in
ein kirmesartiges Volksfest aus. Nicht wenig mag dazu beitragen, daß
die obersten Zivil- und Militärbehörden sich nur durch Abordnungen
beteiligen; Offiziere fehlen fast gänzlich. Es wäre sehr bedauerlich,
wenn das deutsche Fest in der nächsten Zeit in den Hintergrund treten
sollte; ist es doch eine der wenigen Möglichkeiten, da alle die vielen
aus Nord, Süd, Ost und West in Lothringen zugewanderten Stämme
sich als ein deutsches Volk fühlen können. Sehr verdienstvoll ist die
Tätigkeit der Metzer Vereinigung zur Schmückung der Kriegergräber,
die dafür sorgt, daß auch keins der Tausende von Gräbern, Freund
wie Feind, ohne Ehrenkranz bleibt am großen Erinnerungstage.
2. Viel buntfarbiger ist das Bild jenseits der Grenze auf fran-
zösischem Boden; dort wird der Jahrestag der Schlacht von Mars-
la-Tour in diesem Orte selbst gefeiert. Der katholische Priester von
Mars-la-Tour, Abbö Faller, ist seit einigen Jahren unermüdet tätig,
seine Kirche mit Erinnerungen an die Schlacht zu schmücken; sie ist ganz
dem Gedächtnis des 16. August 1870 geweiht. Blau-weiß-rot sind die
Hauptfarben der Fenster, deren Glasmalerei französische Uniformen und
Embleme zeigt, am Hochaltar stellt ein farbiges Relief einen französischen
Infanteristen dar. bei dem ein Feldalmosenier kniet, alle Wände sind
bedeckt mit Marmortafeln, die in goldener Schrift die Namen der Ge-
fallenen aufweisen. Dort findet am Gedächtnistag eine feierliche Trauer-
messe statt vor einem Katafalk, behängen mit Uniformstücken und mit
Decken, auf die silberne Tränen gestickt sind. In feierlichem Zuge gehen
die Abordnungen patriotischer Vereine von der Mairie ans in die Kirche,
allen voran eine Elsässerin und Lothringerin in der Nationaltracht, die
Fahnen sind umflort, Militärmusik spielt einen Trauermarsch. Nach
der Absolution sammeln die Repräsentantinnen der verlorenen Pro-
vinzen in der Kirche und draußen auf der Straße, jede von einem
Unteroffizier am Arme geführt, Gaben für Seelenmessen für die Ge-
fallenen. Dann geht es in ebenso feierlicher Weise durch den ganzen lang-
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Extrahierte Personennamen: Hubert August Abbö_Faller August
Extrahierte Ortsnamen: Mariä_Himmel- Pachthof Nord Ost Lothringen
141
X.
Soldat und Soldateuleben in Sprichwort
und Spruch.
Aussprüche über Leer, Krieg, Frieden.
Lin Pelm macht noch keinen Arieger.
Ls ist nicht jeder ein Loldat, der einen Läbel in der pand hat.
Den Arieger macht nicht der put, sondern der Rlut.
Den Loldaten nracht nicht der Anzug, sondern der Feldzug.
Lin tapfrer Arieger rühmt sich nicht, was er im Feld hat ausgerichtet.
Loldaten sind des Feindes Trutz, des Landes Lchutz.
Wie der Loldat, so das Gefecht.
Wie der Oberst, so der Reiter; wie der Leutnant, so Gefreiter.
Freudiger Pauptmann macht freudige Ariegsleute.
Ls gehört mehr zu einem Ariegsheer, als ein Kaufen Loldaten.
Lin Peer ohne Geld, hält nicht lange im Feld.
Lin Peer ohne Paupt ist bald zerstäubt.
Ls kann nicht jeder Pauptmann sein.
Gut geführte Arieger werden Lieger.
Aurzes Aommaudo wirkt mehr als lauge predigt.
Viele Feldherrn verlieren die Lchlacht.
Lin guter Feldherr ist so gut als eine halbe Armee.
Ls gehört mehr zur Reiterei als zwei Lchenkel über ein Pferd schlagen.
„Ls ist gewiß, daß von zwei Schützen, die an Auge und paud
gleich begabt sind, der, welcher ans Nachdenken gewöhnt ist, Meister-
werden wird." Gottfried Keller, Das Fähnlein der sieben Aufrechte».
TM Hauptwörter (50): [T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
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107
Raumes öffnet sich, und der Stubenälteste meldet nach dem Riffe: „An
die Betten!" — dem wachhabenden Unteroffizier: „Alle zur Stelle!"
Die oberen Betten werden hernntergehoben und nach kurzer Frist um-
fängt der süße Schlummer die müden, sorgenfreien Söhne des Vater-
landes. O. Splett.
r. Am Morgen der großen Lrühjahrsparade»
1. Drei fchlägts auf der Kasernenuhr! — Langsam schleicht der
Posten vor der Ulanenkaserne ans Fenster der Wachtstube und klopft
dort mit der Säbelspitze an.
„Köhler! Die Küchendragoner wecken," fährt der Wachthabende
aus dem Schlafe. „Na fix, fix!" der Gerufene geht, um die Köche aus
ihrem Schlafe zu wecken. Auch an der Unteroffizierstube klopft er an,
und bald verkündet das Umwerfen eines Schemels, daß es drinnen
munter wird.
Wenige Minuten darauf steht der Futtermeister ans dem
Korridor und im Drillichanzug, mit Holzpantoffeln an den Füßen,
schleichen die Küchendragoner in ihr Reich.
Schnell eilt der Futtermeister den Korridor entlang. Vor der
Tür des Küchenunteroffiziers horcht er noch einen Moment. Da aber
bei dem noch alles still ist, klopft er den Verschlafenen energisch
heraus. — „Das ist Kameradschaft," wie er vor sich hinmurmelt. Mit
wenigen Sätzen eilt er die Treppe hinunter und geht in den Stall.
Kaum hat er die Tür geöffnet und raffelt mit den Schlüsseln, so tönt
ihm Wiehern der Pferde untermischt von Kettengeklirr entgegen und
zeugt, daß hier schon Leben herrscht. Die Stallwachen zünden die für
die Nacht zum Teil ausgelöschten Lampen an, und unter dem Scharren
und Schnauben der Pferde beginnt das Futterschütten. —
2. Dem Unteroffizier vom Dienst wird das frühe Aufstehen sehr
sauer, aber es geht ihm heute wie den meisten anderen, alle haben eine
mehr oder weniger unruhige Nacht gehabt; denn heute findet ja die
große Frühjahrsparade statt. Der Sergeant steckt schnell den Kopf in
die Waschschüssel, dann fährt er in die neuen Reithosen, zieht seine alten
langen Stiefel an und schnallt über die Litewka das Bandelier. Säbel
und Mütze vervollständigen den Dienstanzug.
Von unten herauf schmettert der Trompeter frisch und langhallend
die Reiterreveille. Als nach vergeblichem Warten des Sergeanten der
Trompeter-Eleve das Signal in der Schwadron nicht weitergibt, eilt er
auf dessen Stube und holt den noch schlummernden unsanft aus seinem
Strohsack. Wie er geht und steht stürzt dieser eilig mit seinem Instrument
ans den Korridor und bläst das Signal nach. Gleich daran anschließend
ertönt das Signal zum „Kafieeholen" für die Eskadron.
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd]]
TM Hauptwörter (100): [T19: [Feind Pferd König Mann Soldat Reiter Uhr Wagen Kanone Offizier], T87: [Tag Tisch Haus Frau König Mann Gast Herr Hand Abend], T91: [Haus Fenster Wand Stein Dach Zimmer Holz Feuer Raum Decke], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T54: [Haus Feld Bauer Dorf Pferd Stadt Vieh Land Wald Mensch]]
TM Hauptwörter (200): [T102: [Glocke Stimme Wort Hand Auge Ohr Kirche Ton Fenster Herr], T196: [Tisch Tag König Hand Wein Herr Haus Gast Abend Frau], T65: [König Herr Soldat Offizier Vater Prinz Friedrich Majestät General Brief], T50: [Haus Pferd Bauer Herr Wagen Mann Tag Kind Weg Leute], T12: [Wagen Wasser Stein Rad Fuß Maschine Pferd Bewegung Hand Schiff]]
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Und dann erhob er die Stimme: „Man muß aufwachen, mein
Lieber, und schnell, denn sonst werden wir Luch aufwecken und wie!
Arrest und Wasser und Brot, Wasser und Brot und Arrest, immer
abwechselnd, damit ihr Luch nicht langweilt, galtet es gut im Ge-
dächtnis ! Und jetzt geht ins Zimmer auf Luren jdlatz, um Lure
Sachen zu reinigen, marsch!" —
Lr bekräftigte seinen Befehl, indem er den Arm ausstreckte und
init dem Zeigefinger auf die Fenster des Schlaffaales deutete. —
„Aber ich ..."
„Still — schweigt!" —
„Zch möchte ..."
„Schweigt, sage ich Luch, wenn ihr mit Lurem Vorgesetzten
sprecht, oder Zhr marschiert ins Gefängnis; sehet Zhr es dort?" —
Und er entfernte sich brummend: — „O was für Leute! ® was
für Leute! Armes Heer! Armes Ztalien!"
„Herr Korporal!" . . . rief der Rekrut schüchtern.
Der Korporal drehte sich um und wies wieder auf das Gefängnis,
mit furchtbar drohenden Augen.
„Zch möchte Sie etwas fragen."
Der Ton war so respektvoll und unterwürfig, daß man nicht
umhin konnte, ihn reden zu lassen.
„was wollt Zhr?"
„Zch möchte Sie fragen, ob nicht hier in diesem Regiment ein
Offizier aus meiner Heimat ist, er muß hier sein, aber ich weiß nicht,
ob er hier ist . . ."
„Aus Lurer Heimat? wenn in Lurer Heimat alle von demselben
Schlag sind, so möchte man doch wünschen, Zhr wäret der einzige im
Regiment!" Und er ging achselzuckend weiter.
„Welches Benehmen!" murmelte der Rekrut, traurig dem Ab-
gehenden nachschauend. — „Und dennoch hat man mir gesagt, daß
er hier ist..." fügte er hinzu und setzte sich wieder. — „Aber warum
tun sie uns das an? warum behandeln sie uns so schlecht? was
haben sie gegen uns? was sind wir? Sind wir Hunde? . . . Und
dieses Leben soll man jahrelang führen? O das ist zu viel ... zu
viel!" — Und er bedeckte das Gesicht mit seinen Händen und dachte
an seine entfernten Lieben, „wenn sie mich in diesem Zustande sähen!"
sagte er bei sich: „Die Ärmsten!" Lin mokantes Lachen im Hinter-
gründe des Hofes schreckte ihn aus, er erhob die Augen und bemerkte
drei Wachsoldaten, die ihn lächelnd und untereinander schwatzend be-
trachteten.
„O welch ein Dummkops!" fingen alle drei an.
„Lr ist verliebt. — Lr denkt an seinen Schatz. Sieh nur, sieh,
TM Hauptwörter (50): [T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T10: [Volk König Mann Leben Zeit Land Mensch Krieg Feind Vaterland]]
TM Hauptwörter (100): [T94: [Herr Tag Haus Kind Brot Geld Leute Mensch Hund Mann], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T59: [Heer Mann Soldat Krieg Jahr Offizier Land König Truppe Waffe], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite]]
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